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#thegreatescape Kapitel1: Der Plan

Aktualisiert: 16. Feb. 2023


Die höchsten Skigipfel von Österreich, Südtirol, Italien, Frankreich und der Schweiz besteigen. Mit dem Rad und öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Gäste gegen Spenden für ,,Ärzte ohne Grenzen“ auf Gipfel führen, und das mit einem Lächeln im Gesicht !


Maximale Dauer: 10 Tage. Maximale Kosten: 1.500 Euro. Erlaubte Transportmittel: alle, die ohne fossile Brennstoffe angetrieben werden. Begleitfahrzeuge: keine. Gepäck nachsenden: ausschließlich CO2 neutral.


Ottensheim Österreich- Großglockner - Ortler - Dufourspitze - Montblanc


Möglich ? Wir werden sehen...



Ottensheim: 21.4.2022, 5.45 Uhr.

Erstes Bergziel: Großglockner 3798


Die Uhr schlägt ein Viertel vor 6 Uhr.

Halb Ottensheim schläft noch. Endlich geht’s los! Ich verstaue meine letzten Sachen am Rad und gehe meine Checkliste nochmal durch. Es dürfte alles da sein – nein, es muss alles da sein!


Ein kurzer und inniger Abschied von der Familie und ich rolle die Donau entlang Richtung Bahnhof Linz.





12 Monate habe ich mich auf die kommenden 10 Tage vorbereitet. Unzählige Rad und Skikilometer liegen hinter mir. Ich bin hervorragend vorbereitet, hochmotiviert und bestens gelaunt.


Das Wetter für die kommenden Tage, so sagt es der Wetterbericht, ist am unteren Ende der Zumutbarkeit. Es werden schon zu Beginn spannende Verhältnisse auf uns zukommen. Wenig Schnee, keine Sicht und Wind mit Niederschlag am Nachmittag.



Nach der (leider) bereits üblichen Einlade- und Platz Prozedur mit meinem Fahrrad mache ich Bekanntschaft mit einem neu ausgebildeten Zugchef. Ich fühle mich in die Zeit der k.k. Staatsbahn zurückgeworfen. Es ist nicht die Uniform, sondern der Umgangston.

Scheinbar nehmen Zugreisende selten ihr Rad mit Skiern mit.

Zeit ein paar Dinge zu ändern.


Erstes Etappenziel : Stüdlhütte 19:00 mit meinen Gästen für den Großglockner


Lienz begrüßt mich mit Rückenwind und gutem Wetter! Mit Verve geht’s das Iseltal bis Huben. Meine Übermotivation wird noch ein Nachspiel haben ..



Huben: Start in die Bergwertung – der Mann mit dem Hammer wartet bereits

Nachdem mich Richtung Kals der gefühlt hundertste Begleitwagen irgendeines Radteams überholt, wird mir klar, dass die netten Fahnen „TOUR OF THE ALPS“ nicht für mich angebracht wurden. Einige ambitionierte Halbprofis überholen mich mit ihren 6,0 kg Carbon Rennern und nicken anerkennend!


Irgendwie reißt mich das Ganze mit, und meine ursprüngliche Taktik, mich nicht am Anfang schon zu verausgaben, ist ab Kilometer 8 über den Haufen geschmissen. Schulterklopfende Amateure als Zuschauer sprechen mir Mut und Bewunderung zu.




Jeder Daumen hoch am Straßenrand ist ein Schubs in die falsche Richtung, denn der Mann mit dem Hammer wartet geduldig bei der Mautstelle zum Lucknerhaus.



Die Kraft ist hier schon weg, nur weiß ich es noch nicht.

Es waren nur 3 Stunden, 40 km und rund 1500 HM, aber mit 22 Kilo Gepäck und genau 10 % schneller als mir grundsätzlich möglich, reicht das … zumindest für mich!


Die letzten Kilometer zum Zwischenziel sind dann eine eigene, etwas andere Erfahrung.

Ich hätte sie mir gerne erspart. Das Unangenehme an der ganzen Angelegenheit: es fehlen noch 800 Skihöhenmeter zur Stüdlhütte. Dort bin ich um 19:00 Uhr mit den Gästen verabredet.



Danke an die Oberlohrs für den Materialraum


Nach 2 Stunden und 45 Minuten raste ich noch kurz am letzten Felsblock bevor die Hütte in mein Sichtfeld gerät und ich meiner Verabredung näher komme..Der Versuch, zumindest die letzten 50 HM in Bergführer ähnlichem Tempo zurückzulegen, gelingt. Den Preis dafür bezahle ich 5 Minuten später bei der Begrüßung meiner Gäste …

Während ich mit 14 Minuten Verspätung auf der Stüdlhütte "Hallo" zu meinen Gästen sage- schiesst mir der Krampf ein.


Auch wenn es für uns ein gemütlicher, wenn auch kurzer Abend ist, fühle ich eine etwas eigenartige Stimmung auf der sonst so geschäftigen Stüdlütte.


Außer uns ist neben dem Hüttenpersonal niemand da. Liegts am Wetterbericht?


Es wird morgen ein spannender Tag!


Tagesfazit: Start 5:45 Uhr, Rad nach Linz, Zug nach Lienz, Rad zum Lucknerhaus, Aufstieg zur Stüdlhütte, Ende 19:14 Uhr

Höhenmeter #auseigenerkraft : 2.145HM, Wegstrecke #auseigenerkraft 60,45 km



Tag 2: 22.4.2021. Einsamer Gipfeltag am Großglockner


Bereits am Vorabend stellt sich heraus, dass Bernhard und Maria, meine Gäste, begeisterte SkitourengeherInnen sind, und bereits viele Gipfel und Berge kennen.


Beide stehen gut am Ski. Das verrät mir das Material, genauer die Schuhinnenseite.





Stüdlhütte: 22.04.2021. Meine Gäste aus Tirol beim Aufbruch.

Wir frühstücken und starten danach entspannt Richtung Ködnitzkees.


So schlecht ist das Wetter gar nicht wie prognostiziert. Die Freude darüber und die absolute Einsamkeit erzeugen eine lässige Stimmung am Berg und zwischen uns. Selten sind die Momente, bei denen man mit neuen Gästen bereits zu Beginn eine starke Verbundenheit fühlt. Das gibt mir als Bergführer Zuversicht, auch schwierige Situationen gut zu meistern.


Schnell erreichen wir den Bahnhof auf 3.400 Metern und steigen die vereisten Seile Richtung Scharte hinauf. Es sind anspruchsvolle, aber taugliche Verhältnisse für uns.


Wir sind am Berg völlig alleine unterwegs!



In knapp 40 Jahren Bergsteigerfahrung am Großglocker habe ich den Berg noch nie so einsam und ursprünglich erlebt.




Auf der leicht angeschneiten Spur kommen wir schnell höher und erreichen gegen 10:00 Uhr den Gipfel. Wir erleben einen besonderen Moment, als plötzlich die Sonne leicht durchbricht und wir am Kreuz oben die Erinnerungsbilder machen. Außer uns ist niemand da!



Großglockner: 22.04.2021, 10 Uhr. Einsam am Gipfel des höchsten Berges in Österreich auf 3.798 Metern. Sogar die Sonne zeigt sich kurz


Der Abstieg ist ein Genuss ohne Gegenverkehr von ungeführten Laien. Ungestörter und sicherer steigen wir über den sonst so belebten Grat. Als wir unser Skidepot erreichen starten wir eine genussvolle und hurtige Abfahrt. Um es mit den Worten meiner Gäste wiederzugeben: „Es ist immer schön wenn sich richtige Skifahrer treffen!“

Dem ist nichts hinzuzufügen.





Die kurze Tragestrecke zurück zum Lucknerhaus bringt uns an blühenden Krokusfeldern vorbei. Mit dem einsetzende Schneefall setze ich mich dann nach dem Mittagessen auseinander.



Am Weg zum Lucknerhaus: Heuer immer eine Tragerei beim Abstieg.

Es ist der erste von 5 geplanten Gipfeln und ich spüre jetzt erstmals den für uns AlpinistInnen so wichtigen Auftrieb!


Trotz der schlechten Wetterprognose war es ein rundherum gelungener Tag..Vergessen sind die Krämpfe und Unsicherheiten von gestern. Heute ist genug mit Aufstiegen und es geht nur mehr abwärts.


Nach einem herzlichen Abschied widerstehe ich dem verlockenden Angebot meiner Gäste, mich bis Lienz mitzunehmen. Ich richte mich auf nasskalte 40 km bis Lienz ein. Und die sollten auch kommen.


Es schneit und der Wind kommt aus der falschen Richtung. Der Glockner ist schon lange nicht mehr zu sehen. Doch mit dem Gipfelerlebnis und den glücklichen Gästen im Gepäck, ist das Wetter nur mehr halb so schlecht. Und, meine Bekleidung hält dem Regen stand. Der Bewährungstest in freier Wildbahn nach einer ersten Probe daheim ist vollzogen.



Am Weg nach Lienz: Ein echtes Sauwetter.



Der „TOUR OF THE ALPS“ Tross ist mit seinen gefühlten 300 Begleitfahrzeugen längst abgezogen. Es ist mir nur Recht, wer weiß, sonst hätte ich mich vielleicht selbst noch auf der Abfahrt gefährdet.


Angekommen im Iseltal muss ich erkennen, dass der Radweg auch als Wendepunkt für Mistfuhren gebraucht wird. Ein hoch biologisches Regen-/Adel-Gemisch überzieht zuerst meine Ski und dann meine Bekleidung. Für mich reichts dann heute.


Ab geht es jetzt zur Lanzenwäsche und in die Sauna mit Eisabreibung. Ein leckeres Abendessen mit Lukas Zipper erwartet mich in Lienz.



Discodancing fällt heute aus. Bewegt habe ich mich genug.


Tagesfazit: Start 6:15, Aufstieg Großglockner 3.798 m ,Rad nach Lienz, Ende 18:30 Uhr

Höhenmeter #auseigenerkraft : 1.144 HM, Wegstrecke #auseigenerkraft 41,56 km


Wie es am nächste Tag Richtung Ortler ging und ich meine persönlichen Grenzen im Martelltal erreicht habe, kannst Du im nächste Kapitel lesen.


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